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27. Juni 2025 : Nachruf Dr. Rudolf Schepers

Am 11. Juni 2025 verstarb Dr. Rudolf Schepers im Alter von 86 Jahren. Wie außergewöhnlich unser Kollege für uns war, sieht man daran, dass wir als Kolleginnen und Kollegen des Instituts für Erziehungswissenschaft an ihn auf unserer Homepage erinnern möchten, obwohl er bereits 2004 nach 35 Jahren Tätigkeit, zuletzt als Akademischer Direktor, in Pension gegangen ist. Sein universitäres Wirken ist ein Beitrag zur Geschichte der Universität und mutet in manchen Bereichen aktueller an denn je.

 

Ein Teil der Geschichte der Universität Osnabrück

Am 11. Juni 2025 verstarb Dr. Rudolf Schepers im Alter von 86 Jahren. Wie außergewöhnlich unser Kollege für uns war, sieht man daran, dass wir als Kolleginnen und Kollegen des Instituts für Erziehungswissenschaft an ihn auf unserer Homepage erinnern möchten, obwohl er bereits 2004 nach 35 Jahren Tätigkeit, zuletzt als Akademischer Direktor, in Pension gegangen ist.  Sein universitäres Wirken ist ein Beitrag zur Geschichte der Universität und mutet in manchen Bereichen aktueller an denn je.

Lehrer und Entwicklungshelfer

Bevor Rudolf Schepers 1970 an die Pädagogische Hochschule Osnabrück kam, hatte er als Entwicklungshelfer und Lehrer in Kenia gearbeitet. Diese Jahre und seine Arbeit in Entwicklungsländern insgesamt prägten seine Pädagogik. Damals arbeiteten Rudolf Schepers und Prof. Konrad Hartong (Professur an der PH und der Universität Osnabrück bis 1993) als eine Art Berater für private humanitäre Institutionen, um nach praktikablen Modellen zur Vorbereitung von europäischen Fachkräften für Dienste in Entwicklungsländern zu suchen. Das waren die Jahre nach 1962, als das Ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit eingerichtet wurde. Heute heißt es  Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Diesen Zusatz fand Rudolf immer wichtig. Beide Kollegen haben den Typ Ausbildung von einheimischen Fachkräften durch ausländische  Expertinnen und Experten vor Ort und der dazugehörenden Didaktik „Schau her, so macht man das“ als schlicht arrogant gesehen. Und das galt auch für den Typ „Studium in Deutschland“ ohne jeden Bezug zur Situation im Heimatland. Hier hieß damals die Didaktik: „Vergiss, was Du zuhause gelernt hast und studiere nach deutschen Ritualen. Dann kannst Du mit einem deutschen akademischen Abschluss zurückkehren.“  Dieses System von Integrations- und dann wieder Reintegrationskursen  war für beide ohne entwicklungspolitische Perspektive.

Wichtig war für Rudolf Schepers damals die Anerkennung der Ausbildung und  Berufserfahrung der Stipendiaten und Stipendiatinnen im Heimatland. Wichtig war beiden ebenso ihre Bereitschaft, sich auf einem anspruchsvollen Niveau mit diesem „Mitgebrachten“ auseinanderzusetzen. Deshalb haben sie sich für ein Postgraduierten-Programm eingesetzt. Natürlich hieß das, in jedem Einzelfall einen individuellen Studienplan zu entwickeln. In langen Diskussionen ist schließlich ein Konzept entstanden. Es ging ihnen darum, Alternativen für die üblichen Schemata der Zusammenarbeit mit sog. Entwicklungsländern zu gestalten. Und das bedeutet für Rudolf immer auch sein Engagement für die Beteiligung der Pädagogik an dieser Zusammenarbeit. Er hat dies immer als Gratwanderung beschrieben, das hieß für ihn, die Sache mit der Vergleichenden Erziehungswissenschaft und die tastenden Versuche in den Prozessen der Dekolonisierung ebenso ernst zu nehmen wie die konkrete Situation da in Indonesien, dort in Sierra Leone, in Paraguay oder auch wieder in Kenia. Die Universität Osnabrück hatte damals durch die Initiativen von Rudolf Schepers und Konrad Hartong eine Reihe Studierender aus sog. Entwicklungsländern.

 

Der Vordenker der Lehrer- und Lehrerinnenbildung als Profession

Vieles von dem, was Rudolf damals gelernt und erarbeitet hat, war auch Zeit seiner Tätigkeit an der Uni Osnabrück maßgeblich für seine Seminare und seinen unglaublichen Einsatz für die Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Für die Pädagogik waren seine Arbeitsschwerpunkte der letzten Jahre neben der „Schule in  Entwicklungsländern“ immer wieder die Grundschule, die Orientierungsstufe und die Hauptschule. Er machte u.a. Seminare zu praktischem Lernen und Unterrichtsmethoden.

Lehrerinnen- und Lehrerbildung musste für Rudolf Schepers immer auf die Profession vorbereiten. Deshalb standen ihm die handlungstheoretischen Ansätze näher als die Systemtheorie oder die Gesellschaftstheorie. Nicht, dass er sie verachtete, aber sie reichen ihm nicht, um auf den Beruf vorzubereiten. Bei aller Begeisterung für die Lehrerprofession und ihre Wichtigkeit blieb er sich dennoch immer wieder bewusst, dass Schule eine äußerst künstliche Veranstaltung ist. Sein Motto „Leave fruits alone for learning purposes“ ist sinnbildlich für Rudolf Schepers Auffassung über die Künstlichkeit von Schule – über ihre Didaktisierung. Immer wieder stritten wir uns über den einen oder anderen neuen Auftrag, den Schule nun wieder von Seiten der Bildungspolitik oder der Wissenschaft zu erfüllen habe. Er wehrte sich gegen die ständigen Überforderungen der Schule durch Ansprüche der Gesellschaft. Aber er betonte auch immer, dass Schule nur deshalb wirke. Bildung sei eben ein wichtiger Hoffnungsanker der Gesellschaft, aber z.T. nur, weil die anderen Politikbereiche ihre Arbeit nicht vernünftig machen würden. In seinen Veröffentlichungen z. B. zur Schule in Entwicklungsländern hat er sich immer wieder mit den unterschiedlichen Schulverständnissen oder Theorien von Schule auseinandergesetzt. Wozu dienen z. B. Schulleistungen? Ist Schule eine Existenzform oder eine Ersatzaktivität? In welchem Verhältnis stehen Grundbildung und Menschenrechte?

Wie auch immer die Antworten ausfielen – für Rudolf stand fest, dass die Lehrerinnen- und Lehrerbildung an die Universität gehört. Als um 1997 herum die Grundschulpädagogik an der Universität Osnabrück abgeschafft werden sollte, hat er alles getan, um die relevanten Akteure davon zu überzeugen, wie wichtig diese für unsere Universität ist. Er war eine lebende, wohlgeordnete Akte in Sachen Lehrerbildung, deshalb haben wir ihn auch in vielen Jahren nach seiner Pensionierung noch gerne zum ein oder anderen gefragt.

Das Thema „Der Lehrer/die Lehrerin und sein/ihr Berufsbild“ war zudem ständiger Diskussionspunkt in den Unterhaltungen mit Rudolf. Er hat sich leidenschaftlich für eine Reform der Lehrerinnen- und Lehrerbildung eingesetzt und gehörte zu denen, die eine Gründung des Zentrums für Lehrerbildung an der Universität begrüßt und forciert haben. Die Universität kann dieses Berufsbild nach seiner Meinung nicht richtig abbilden, wenn die beteiligten Fächer nicht zusammenarbeiten. Es müsse darum gehen, die vielen Mosaiksteine zusammenzufügen. Hieran hat er über viele Jahre gearbeitet. Er hat immer persönliche Kontakte zu Vertretern der Fächer und Fachdidaktiken gesucht, um sich auf dieser Ebene auf dem Laufenden zu halten und abzustimmen.

Der Meister des Integrierten Kerncurriculums

Eine wichtige Herausforderung in seinen letzten Amtsjahren war die Neuordnung der Prüfungsordnungen. Hier ist Rudolf Schepers zur Höchstform aufgelaufen. Er liebte es, konzeptionell und strukturell zu denken, Prüfungs- und Studienordnungen in Handlungszusammenhänge einzuordnen und in Handlungsanweisungen zu übersetzen, Übergänge von der alten Prüfungsordnung zu moderieren und immer wieder Kollegen und Kolleginnen die damals neue Prüfungsordnung zu erläutern. Unzählige Male hörte man damals Kollegen und Kolleginnen zu den Studierenden sagen: „Da gehen Sie am besten zu Herrn Schepers, er wird Ihnen weiterhelfen.“ Und so ist es nicht verwunderlich, dass er in der Regel übervolle Sprechstunden hatte. Die Studierenden haben ihm sein beständiges Engagement für sie sehr gedankt.

Dabei musste Rudolf immer wieder innerhalb des Kollegiums vermitteln, erläutern und glätten. Er war immer ausgleichend und nie verletzend. Als konstruktiv in der Kritik beherrschte er überdies  die Kunst, selbst lästige Leute geduldig zu ertragen. Im Laufe der Jahre haben wir festgestellt – es war für ihn keine Kunst, sondern eher eine Lebenshaltung, die seinem Menschenbild entsprach.

Die Zusammenarbeit mit ihm hatte immer etwas Leichtes, Fröhliches und äußerst Professionelles, ob es um die Organisation und die Betreuung der Lehraufträge ging  oder die Beantragung der Überlastmittel oder um Bafögbescheinigungen.  

Nach seiner Pensionierung ist er zu seinem ursprünglichen Betätigungsfeld – der Pädagogik in Entwicklungsländern – zurückgekehrt und hat für Misereor wieder als Berater gearbeitet.  Sein Engagement galt zuletzt der Unterstützung von Schulen in Myanmar.

In seinem Umgang mit Menschen wurde auch immer der Pädagoge Rudolf Schepers sichtbar. Man spürte sein Vertrauen und versuchte, dieses auch zu rechtfertigen. Bis zum Schluss war er ein gerne gesehener, interessierter und immer wohlwollender Gast auf Institutsfesten, bei Antrittsvorlesungen und Verabschiedungen.

Ach Rudolf – ein Menschenfreund wie Du wird uns unendlich fehlen!

Für das Institut für Erziehungswissenschaft

Prof. Dr. Ingrid Kunze                   Prof. Dr. Claudia Solzbacher